Poljot 2415

Orbita

 
Poljot 2415 |

Poljot 2415

Beschreibung

1962 brachte die erste Moskauer Uhrenfabrik das Kaliber “Orbita”, später als “Poljot 2415” bezeichnet auf den Markt. Es war mit einer Bauhöhe von nur 3,9mm das seinerzeit flachste Automatikwerk mit Rotor, und zeichnete sich durch eine konstruktive Besonderheiten aus, die allerdings so aufwändig waren, dass die Produktion schon 1971 wieder endete, vermutlich, weil es schlichtweg zu teuer war.

Poljot 2415: Werk ohne Werkhaltering

Werk ohne Werkhaltering

Auch wenn das Werk nominell einen Durchmesser von 24mm hatte, so war das in der Praxis bedeutungslos, denn der Rotor stand dem Werk weit über, und es machte daher nur Sinn, es mitsamt dem breiten Werkhaltering zu verbauen, was der ganzen Konstruktion einen Durchmesser von etwas mehr als 30mm verpaßte.

Poljot 2415: Grundplatine

Grundplatine

Lagersteine, wohin man schaut, das ist das, was sofort ins Auge fällt, wenn man sich die Grundplatine ansieht. Die Verarbeitung der Platine selber ist eher roh, was aber technisch keine Auswirkungen hat.

Poljot 2415: Grundplatine mit Übertragungsrad

Grundplatine mit Übertragungsrad

Um möglichst flach zu bauen, und gleichzeitig eine große Unruh und Federhaus zu ermöglichen, ist es nötig, auf ein zentrales Minutenrad zu verzichten, und das Zeigerwerk zifferblattseitig anzutreiben.

Hierfür folgt auf das Federhaus erstmal ein Übertragungsrad, in das dann das Großbodenrad eingreift, dessen Trieb zifferblattseitig das Zeigerwerk antreibt. Mehr dazu später.

Übertragungsrad und Zentralsekundentrieb sind unter einer eigenen Brücke gelagert, auf dessen Oberseite sich das Achsenlager für den Automatikaufzug befindet.

Poljot 2415: Räderwerk

Räderwerk

Auf das Großbodenrad folgen ein doppelt ausgeführtes Kleinbodenrad, Sekundenrad und Ankerrad.

Das doppelt ausgeführte Kleinbodenrad treibt das Zentralsekundentrieb an und verhindert gleichzeitig ohne Nutzung einer bremsenden Feder ein Flattern oder Springen der Zentralsekunde.

Poljot 2415: Anker

Anker

Äußerst ungewöhnlich ist die Ausführung des Palettenankers: Bei ihm liegen die Paletten und die Gabel in unterschiedlichen Höhen.

Poljot 2415: Seitenansicht des Räderwerks

Seitenansicht des Räderwerks

Als Unruh kommt eine zweischenklige, goldfarbige Schraubenunruh zum Einsatz, wahrscheinlich aus Glucydur. Sie arbeitet mit langsamen 18000 Halbschwingungen pro Stunde, ist in zwei russischen, dreiarmigen Stoßsicherungen gelagert, und die effektive Länge der Unruhspirale wird mit Hilfe eines kurzen Rückerzeigers (oder einfacher, direkt am Spiralschlüssel) justiert.

Poljot 2415: Werk mit Räderwerksbrücke

Werk mit Räderwerksbrücke

Das Sperrrad des Aufzugs ist doppelt ausgeführt, mit einer eingebauten Kupplung, so dass bei Handaufzug das Automatikgetriebe ausgekuppelt wird.

Poljot 2415: Sperrrad mit Kupplung

Sperrrad mit Kupplung

Das Gesperr selber befindet sich in einer Vertiefung der Federhausbrücke.

Poljot 2415: Innenseite Federhausbrücke

Innenseite Federhausbrücke

Man sieht am immensen Abrieb und am ausgelaufenen Lager, welche Kräfte hier herrschen, hier wäre sicherlich ein Rubinlager besser gewesen.

Poljot 2415: ohne Automatic-Räderwerk

ohne Automatic-Räderwerk

Das gesamte Räderwerk des Automatikaufzugs ist ebenfalls auf der Grundplatine montiert. Erst dadurch ist die sehr geringe Bauhöhe von nur 3,9mm des Kalibers Poljot 2415 (Orbita) möglich.

Poljot 2415: offenes Automatic-Räderwerk

offenes Automatic-Räderwerk

Für den Automatikaufzug wurde viel Aufwand getrieben, der Rotor mit seinem eingebauten Wippenwechsler wirkt entweder auf das erstes Wechselrad ein, oder auf das mit von ihm angetriebene erste Reduktionsrad. Darauf folgt ein zweites Reduktionsrad und ein Übertragungsrad, welches schließĺich auf das untere des doppelt ausgeführten Sperrrads einwirkt.

Poljot 2415: Innenseite Automatikbrücke

Innenseite Automatikbrücke

Auf das erste Reduktionsrad wirkt eine Sperrklinke ein, um sicherzustellen, dass egal in welcher Richtung sich der Rotor dreht, das Werk stets nur in einer Richtung aufgezogen wird.

Poljot 2415: Werk ohne Rotor

Werk ohne Rotor

Schön zu erkennen ist, wie sich alle Räderwerke auf derselben Höhe befinden.

Poljot 2415: Rotor

Rotor

Im Inneren des achsengelagerten Rotors befinden sich zwei Wechselräder auf einer Wippe.

Poljot 2415: weitestgehend leere Zifferblattseite

weitestgehend leere Zifferblattseite

Wie zu Beginn ausgeführt, erfolgt der Antrieb des Zeigerwerks zifferblattseitig, und zwar über das Trieb des Großbodenrads, welches relativ nah am Zentrum bei 4 Uhr sichtbar ist.

Dieses Trieb ist mit einer Rutschkupplung versehen und ist gleichzeitig über ein Wechselrad mit dem Zeigerstellrad verbunden.

Natürlich nutzt das Poljot 2415 einen Kupplungsaufzug. Die Winkelhebelfeder ist, wie oft bei russischen Werken, sehr stabil ausgeführt.

Eine Besonderheit liegt beim Lager des Wechselrads vor, hier sorgt eine lange Blattfeder (beginnend auf 5 Uhr) dafür, dass es nicht flattert, und somit Stunden, und Minutenrad, die ja beide gleichzeitig und indirekt ohne Kraftschluss vom Großbodenrad angetrieben werden, nicht ruckeln oder springen.

Poljot 2415: federunterstütztes Wechselrad

federunterstütztes Wechselrad

Bei 8 Uhr ist die zifferblattseitige Stoßsicherung der Unruh zu sehen, und daneben die beiden Aussparungen, mit denen der Palettenanker geölt werden kann.

Poljot 2415: Poljot 2415: Zifferblattseite

Poljot 2415: Zifferblattseite

Im Labor

Dieses Werk kam ohne Gehäuse, stark verschmutzt und verschlissen ins Archiv und bekam einen einfachen Service spendiert. Die Zentralsekundenwelle besitzt nicht mehr die volle Länge, und das obere Federhauslager ist ausgeschlagen.

Zeitwaagen-Ergebnis

Das Werk ist, wie gesagt, in bescheidenem technischen und auch optischem Zustand, daher performt es auch deutlich unter seinen Möglichkeiten auf der Zeitwaage.

horizontale Lagen
Zifferblatt oben +13 s/Tag 216° 4.0ms
Zifferblatt unten +6 s/Tag 225° 4.0ms
vertikale Lagen
Krone rechts (12 oben) +110 s/Tag 163° 5.6ms
Krone oben (3 oben) -20 s/Tag 167° 5.1ms
Krone links (6 oben) +20 s/Tag 172° 5.4ms
Krone unten (9 oben) -60 s/Tag 178° 5.3ms

Technische Daten

Hersteller:Poljot
Kaliber:2415 (Orbita)
Basiskaliber:Poljot 2415
Größe:10 1/2''' (gemessen: 24,0mm)
Höhe:3,9mm
Halbschwingungen pro Stunde:18000
Anzahl Steine:29
Hemmung:Anker
Unruh-Ausführungen: Glucydur-Schraubenunruh (zweischenklig)
Stoßsicherung(en): 3-schenklig russisch
Unruhlagerung / Richtung Spirale:Uhrzeigersinn
beweglicher Spiralklötzchenträger:nein
Regulierorgan:Rückerzeiger mit kurzem Arm
Werksaufbau:
  • Anker
  • Ankerrad (Hemmungsrad), Sekundenrad, Kleinbodenrad
  • Großbodenrad, Federhaus
  • Zentralsekundentrieb, Übertragungsrad
Bauweise:Massivbau
Aufzugstyp:Kupplungsaufzug
Winkelhebelfeder:5 Loch/Löcher
Befestigung Winkelhebel:gesteckt
Ausstattung:
  • SCI (indirekte Zentralsekunde)
  • AUT (Automatikaufzug)
Referenzen: Flume: K3 169
Produktionszeitraum:1962-1971
Inventarnummer:23080
Dieses Werk ist eine Spende von Jake R.Kaywell an das Uhrwerksachiv. Ganz herzlichen Dank für die tolle Unterstützung!